Hitze im Betrieb – Tipps für Betriebsräte
Rechtslage und allgemeine Hinweise
An heißen Sommertagen kann es schnell vorkommen, dass in Arbeitsräumen wie Büros, Ladengeschäften oder auch in Werkstätten die Lufttemperaturen auf "unzuträgliche" Werte ansteigen und die Mitarbeiter unter der Hitze zu leiden haben - sinkende Leistungsfähigkeit und Arbeitslust, Müdigkeit und Konzen-trationsschwäche bis hin zu einer vermehrten Schweißabgabe und Herz-Kreislaufbelastungen sind die Folge. Studien belegen ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko.
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom 12. August 2004 fordert für Arbeitsräume gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen und den Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung, eine maximal zulässige Temperatur wird aber nicht genannt.
Die diese allgemeine Forderung konkretisierende Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Raumtemperatur vom Juni 2010 legt im Punkt 4.2 Abs. 3 fest, dass die Lufttemperatur in Arbeits- und Sozialräumen +26 C nicht überschreiten soll. Der oben beschriebene "Sommerfall" wird zusätzlich in der ASR A3.5 mit einem gesonderten Punkt. 4.4 geregelt. Hier wird für Außenlufttemperaturen von über +26 °C ein Stufenmodell mit zu beachtenden Randbedingungen und nötigen Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten beschrieben.
Dabei können die Beschäftigten bei Lufttemperaturen in Arbeitsräumen in den Stufen bis +30 °C, bis +35 °C und darüber weiter tätig sein, vorausgesetzt der Arbeitgeber ergreift geeignete Schutzmaßnahmen.
Trotz dieser neuen Regelungen gibt es für Beschäftigte keinen direkten Rechtsanspruch auf z. B. klimatisierte Räume oder "Hitzefrei". Nach § 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber aber verpflichtet die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird und verbleibende Gefährdungen geringgehalten werden. Da es bei Raumtemperaturen von über +26 °C wie sie im Sommer in nicht klimatisierten Arbeitsräumen auftreten können - unter bestimmten Umständen (z. B. erhöhte Arbeitsschwere und Bekleidungsisolation) zu einer Gefährdung der Gesundheit (z. B. Kreislaufbelastung) kommen kann, sind Schutzmaßnahmen nötig.
Randbedingungen und Beispiele werden in der ASR A3.5 genannt. Die Schutzmaßnahmen sind individuell mit einer Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV festzulegen. Arbeitgeber und Beschäftigte müssen im gegenseitigen Einvernehmen durch geeignete Maßnahmen die Situation meistern. Verschiedene technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen aber auch das persönliche Verhalten jedes Einzelnen können dazu beitragen.
Abkühlung und Schutz vor Überwärmung
- Nachtauskühlung nutzen: Für eine intensive Durchlüftung der Räume sorgen (am effektivsten durch Querlüftung = Öffnen gegenüberliegender Fenster bzw. Türen) und zwar in den Nachtstunden oder - falls die Fenster aus Sicherheitsgründen nicht über Nacht aufstehen dürfen - in den frühen Morgenstunden.
- Innere Wärmequellen reduzieren oder vermeiden, z. B. elektrische Geräte nur bei Bedarf in Betrieb nehmen (Lampen, PC, Drucker, Scanner, Kopierer).
- Ein Tischventilator fördert die Kühlung durch Schweißverdunstung, aber nicht jeder verträgt die dabei mögliche Zugluft. Auch können durch dessen Betrieb Staub oder Pollen aufgewirbelt werden (Gefährdung für Allergiker!).
- Ist eine Klimaanlage vorhanden, soll bei hohen Außenlufttemperaturen die Differenz zur Raumlufttemperatur nicht zu groß eingestellt werden, sonst besteht beim Gang ins Freie die Gefahr eines "Hitzeschocks". Werden die klimatechnischen Geräte nicht sachgemäß betrieben, können Beeinträchtigungen der Gesundheit auftreten, z. B. durch Zugluft oder Keimbelastung.
- Mobile Klimageräte können auch eingesetzt werden, die damit verbundenen Anschaffungs- und Betriebskosten sind zu beachten. Geräuschbelästigungen können entstehen und an den Luftauslässen besteht die Gefahr von Zugluft. Eine Erkältung oder ein "steifer Hals" sind dann nicht ausgeschlossen.
- Schutz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung: Störende direkte Sonneneinstrahlung auf den Arbeitsplatz ist zu vermeiden. Sehr wirkungsvoll sind z. B. außen liegende Jalousien oder hinter lüftete Markisen, innen liegende Rollos sollten aus hellem bzw. hoch reflektierenden Material bestehen.
Arbeit entsprechend der Witterung organisieren
- Arbeits-, Arbeitszeit- und Pausenregime sollten im Rahmen des technologisch oder betriebsbedingt Möglichen an die Situation angepasst werden:
- schwere körperliche Arbeit in den heißen Stunden vermeiden bzw. reduzieren und mit kurzen Ruhephasen unterbrechen
- früher mit der Arbeit beginnen
- zusätzliche kurze Pausen von ca. zehn Minuten einlegen und ggf. mit einem Aufenthalt oder leichter Tätigkeit in kühleren Bereichen verbinden
- Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
- Überstunden vermeiden
- Maßnahmen frühzeitig planen, in Abstimmung zwischen Arbeitgeber, Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsrat
- Die Beschäftigten für das Thema Hitzebelastung am Arbeitsplatz sensibilisieren (Information, Beratung, Schulung)
- Rücksichtnahme auf besondere Personengruppen: insbesondere werdende oder stillende Mütter, Frauen an Steharbeitsplätzen, ältere und gesundheitlich gefährdete Beschäftigte (z. B. chronisch Kranke), Menschen mit bestimmter Behinderung bzw. medikamentöser Behandlung
Personenbezogene Maßnahmen und Verhalten anpassen
- Wasseranwendungen in Form von Armgüssen, kühlenden Tüchern und Umschlägen, Benetzung der Hautoberflächen, ggf. auch Bädern, Duschen oder Fußbädern, sind sehr wirkungsvolle Kühlmethoden, soweit sie in der Praxis anwendbar sind. Öfter kühles Wasser über die Handgelenke fließen lassen ist einfach und effektiv.
- Bekleidung anpassen: Helle, luftdurchlässige, lockere und schweißaufnehmende Kleidung, um Wärmestau zu vermeiden, leichtes Schuhwerk, "Krawattenzwang" aussetzen
- Spezialbekleidung, wie z. B. spezielle Kühlwesten und Arm- bzw. Beinmanschetten sind wirkungsvoll, jedoch muss deren Akzeptanz gegeben sein (z. B. Tragen an Büroarbeitsplätzen) und sie sind eher an Hitzearbeitsplätzen geeignet.
- Ausreichend Trinken: Man sollte rechtzeitig noch vor dem Durst und ausreichend trinken. Der normale Tageswasserbedarf des Erwachsenen beträgt, je nach Körpermasse und Schweißabgabe 1,8-2,5 l und erhöht sich bei körperlicher Arbeit und Hitze entsprechend. An heißen Tagen gilt nicht zu viel auf einmal trinken, besser öfter in kleinen Mengen.
- Getränke an heißen Tagen: Besonders geeignete Getränke sind: Trink- und Mineralwasser (nur wenig Kohlensäure), Kräuter- und Früchtetee, verdünnte Fruchtsäfte (Schorle), sie ersetzen neben dem Wasser auch die durch das Schwitzen verloren gegangenen Elektrolyte und Mineralstoffe.
- Sehr kalte Getränke (Eiswürfel) sollten vermieden oder nur in geringen Mengen und in kleinen Schlucken zu sich genommen werden, da sie den Körper veranlassen mehr Wärme zu produzieren. Milch ist ebenfalls nicht als Durstlöscher geeignet, da der hohe energetische Gehalt den Organismus eher belastet als die Flüssigkeitsbilanz auszugleichen. Alkoholhaltige Getränke fördern den Wasserverlust des Körpers, also diese meiden.
- Werden Kaffee oder koffeinhaltige Getränke in den gewohnten Mengen zu sich genommen, wirken sie nicht dehydrierend, sollten aber dennoch nur in Maßen genossen werden. Von Energydrinks als Durstlöscher ist abzuraten. Ebenso zählen Trendgetränke, wie sogenannte "Smoothies" (Säfte aus püriertem Obst) eher als kleine Mahlzeit.
- Bewusst Essen: Keine schweren und reichhaltigen Mahlzeiten einnehmen, geeignet sind leichtverdauliche Obst- und Gemüsesalate, Kaltschale oder einmal nur eine halbe Portion verlangen. Eine Banane ist beispielsweise gut geeignet, um den Mineralstoffhaushalt schnell auszugleichen. Unbedingt auf sachgemäße Lagerung von Lebensmitteln achten, da diese bei großer Hitze schnell verderben.
Gesundheitsstörungen durch Hitze erkennen und vermeiden
Auch in einem überwärmten Büroraum können gesundheitliche Störungen wie Hitzeerschöpfung oder Hitzekollaps auftreten. Deren Anzeichen sollten rechtzeitig erkannt und Sofortmaßnahmen eingeleitet werden.
- Hitzeerschöpfung ist die Reaktion des Körpers auf einen übermäßigen Verlust von Wasser und Salzen, die im Schweiß enthalten sind. Werden diese Verluste nicht ausgeglichen so kann es zu Symptomen wie Schwäche, blassgrauer feuchtwarmer Haut, Muskelkrämpfen, Übelkeit und Schwindel, Verwirrtheit, Fieber, Kreislaufkollaps oder Bewusstlosigkeit kommen.
- Ein Hitzekollaps wird durch eine vermehrte Durchblutung der Haut zur Wärmeabgabe bei anhaltender Hitze und einer damit verbundenen kritischen Blutdrucksenkung hervorgerufen. Dabei wird die Hirndurchblutung so vermindert, dass es zu kurzfristiger Bewusstlosigkeit und zum Kollaps kommen kann.
Grundsätzliche Verhaltensmaßnahmen:
- Betroffenen an einen schattigen, kühlen Ort bringen und Ruhe bewahren
- Portionsweise kühle, elektrolythaltige, nichtalkoholische Getränke geben
- kühlende Umschläge, Frischluft zuführen, ggf. Dusche oder Bäder
- leichte und bequeme Kleidung, bzw. überflüssige Kleidung ablegen
Bei einer Verschlimmerung der Symptome und wenn diese länger andauern Notarzt verständigen. Bis zu dessen Eintreffen ist der Beschäftigte in kühler Umgebung bequem zu lagern bzw. bei Bewusstlosigkeit in stabiler Seitenlage. Auch sind Puls und Atmung zu kontrollieren, um eine eventuelle Herz-Lungen-Wiederbelebung zu veranlassen.
Soweit vorhanden, kann im Notfall ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) eingesetzt werden. Dieser gibt über Lautsprecher Verhaltensanweisungen, misst vor dem Auslösen des Stromstoßes, ob dessen Einsatz zur Wiederbelebung notwendig ist und löst diesen ggf. automatisch aus. Diese Geräte sollten nur von geschultem Personal angewendet werden.
Arbeitsplätze im Freien
Schutz vor der UV-Strahlung der Sonne
Oft werden die Gefahren durch intensive Sonnenstrahlung unterschätzt. Neben Licht und Wärme, ist die nicht sichtbare UV-Strahlung Bestandteil der Sonnenstrahlung. Diese ist verantwortlich für die Bräunung der Haut, sie ist aber auch eine mögliche Ursache für Haut- und Augenerkrankungen. Obwohl ein Sonnenbrand meistens noch gut heilt, erhöht sich aber mit jedem Mal das Risiko an Hautkrebs zu erkranken. Ein großes Gesundheitsrisiko, das tödliche Folgen haben kann. Deshalb gilt: Sonnenschutz ist Arbeitsschutz.
Ergänzende Hinweise für Arbeitsstätten im Freien
Bei der Arbeit im Freien sind - neben den in Kapitel 1 für Arbeitsstätten in Gebäuden genannten Hinweisen - im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung weitere Einflussfaktoren wie UV-Strahlung, erhöhte Hitzebelastung durch direkte Sonneneinstrahlung, erhöhte Konzentrationen von Luftschadstoffen (Sommersmog, Ozon etc.) zu beachten. Der Schutz vor diesen schädigenden Einflüssen ist von höchster Priorität, um eine Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten zu vermeiden.
- Insbesondere auf Baustellen sind Anlagen zur Beschattung, Belüftung oder Besprühung mit Wasser einzurichten. (z. B. Sonnensegel, Schirme etc.)
- Arbeitszeit und Arbeitsrhythmus sowie Arbeitsintensität der Witterung anpassen, z. B. Verschiebbarkeit von Arbeiten prüfen, Verlegung der Arbeitszeiten in die kühlen Morgenstunden, Pausenzeiten der Belastung anpassen
- Mitarbeiter schulen:
- Sensibilisierung der Mitarbeiter und Schärfung der Aufmerksamkeit
- Erste-Hilfe-Maßnahmen organisieren (Handlungsplan festlegen)
- Informationen über die Gefahren und Vorsorgemaßnahmen vermitteln
- gegenseitige Beobachtung auf Symptome von Hitzeerkrankungen
- Schadstoffgrenzwerte: Werden durch die Umweltbehörden Überschreitungen der Ozonwerte bzw. Sommersmog gemeldet, sind deren Empfehlungen zu befolgen, insbesondere sind schwere Arbeiten einzugrenzen oder ganz zu vermeiden. Aktuelle Messdaten und Verhaltenshinweise sind abrufbar beim Umweltbundesamt.
- Trinkverhalten: Die ständige Verfügbarkeit von geeigneten Getränken ist zu gewährleisten. So ist z. B. die Wasserflasche im Bauwagen keine Möglichkeit regelmäßig Flüssigkeit aufzunehmen, ohne den Arbeitsplatz zu verlassen. Getränke sollten sich im direkten Arbeitsumfeld befinden.
- Hitzeerkrankungen: Besonders bei der Arbeit im Freien stellen Hitzeerkrankungen eine erhöhte Gefahr für die Gesundheit dar, neben einem Sonnenstich ist in Extremfällen auch ein Hitzschlag möglich. Weiterführende Informationen und Verhaltensmaßnahmen finden Sie im Bericht "Informationen zu gesundheitlichen Auswirkungen sommerlicher Hitze und Hitzewellen und Tipps zum vorbeugenden Gesundheitsschutz" des Bundesumweltamtes.
- Sonnenstich (durch lang anhaltende, direkte Sonneneinstrahlung auf Kopf und Nacken) Symptome: Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Nackenschmerzen
- Hitzschlag (Kühlfunktion des Körpers versagt, Schweißproduktion versiegt) Symptome: Haut ist trocken, gerötet und heiß, im Endstadium Bewusstlosigkeit
Was muss der Arbeitgeber ab welchen Temperaturen tun?
Das maßgebliche Regelwerk für die Anforderung an Arbeitsstätten ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Hier sind die folgenden Sachverhalte bezüglich Raumtemperaturen in Arbeitsstätten verbindlich geregelt:
- Anhang 3.5 Raumtemperatur
(1) Arbeitsräume, in denen aus betriebstechnischer Sicht keine spezifischen Anforderungen an die Raumtemperatur gestellt werden, müssen während der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der physischen Belastungen der Beschäftigten eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur haben.
(2) Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen, Erste-Hilfe-Räume und Unterkünfte müssen während der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des spezifischen Nutzungszwecks eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur haben.
Die Arbeitsstättenverordnung enthält weder Detailforderungen noch Maßzahlen. Deshalb muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) durchführen, die gegebenenfalls entsprechende Schutzmaßnahmen formuliert. Dementsprechend liegt auch die Entscheidung zur möglichen Raumtemperatur in der Verantwortung des Arbeitgebers. - Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Raumtemperatur vom Juni 2010
4.2 Lufttemperaturen in Räumen
(3) "Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen und den in Abs. 4 genannten Räumen soll +26 °C nicht überschreiten. Bei Außenlufttemperaturen über +26 °C gilt Punkt 4.4."
4.4 Arbeitsräume bei einer Außenlufttemperatur über +26 °C
Dieser Punkt enthält ein Stufenmodell für den "Sommerfall", das zeigt, wie Beschäftigte bei Lufttemperaturen in Arbeitsräumen bis +30 °C, bis +35 °C und über +35 °C weiter tätig sein können.
In Abhängigkeit von der Lufttemperatur werden bestimmte Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten notwendig.
Ein genereller gesetzlicher Zwang zum Einhalten einer Maximaltemperatur in Arbeitsstätten besteht nicht. In dem über +26 °C liegenden sogenannten Erträglichkeitsbereich ist unter bestimmten Bedingungen und mit bestimmten Schutzmaßnahmen Arbeit über die Zeit einer Schicht möglich, ohne dass gesundheitliche Störungen auftreten. Eine Bewertung der gesundheitlichen Zuträglichkeit ist insbesondere bei den in der ASR A3.5 genannten Einzelfällen in Form einer Gefährdungsbeurteilung mit einer zusätzlichen Prüfung der einzelnen Klimagrößen - Lufttemperatur
- Luftfeuchte,
- Luftgeschwindigkeit und
- Wärmestrahlung
oder gegebenenfalls mittels Klimasummenmaßen vorzunehmen. Dabei sind zusätzlich die Arbeitsschwere,
- die überwiegende Körperhaltung,
- das Arbeitsregime (z. B. Pausenzeiten) sowie
- die Bekleidung der Beschäftigten
zu berücksichtigen.
Auch spielen der persönliche gesundheitliche Zustand, die Anpassung an die Hitze (Akklimatisation) und der körperliche Wasserverlust (Dehydratation) eine wesentliche Rolle. Beachtet werden muss zudem, ob besonders schutzbedürftige Beschäftigte, wie Jugendliche, Ältere, Schwangere oder stillende Mütter, anwesend sind. Eine solche Prüfung sollte vor Ort von Fachleuten vorgenommen werden (Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt oder der zuständigen Behörde empfehlenswert z. B. Gewerbeaufsichtsamt oder Unfallversicherungsträger).
Hitze gestalten
Ein wirksamer Schutz der Beschäftigten vor Hitze kann nur durch eine Betriebsvereinbarung rechtlich verbindlich erfolgen. Doch worauf ist dabei zu achten?
Seit 2015 erleben wir die wärmsten Kalenderjahre seit Beginn der Wärmemessungen 1881 und zu erwarten steht, dass sich die Tendenz der steigenden Temperaturen fortsetzt, stellt sich umso mehr die Frage, wie Beschäftigte in nicht klimatisierten Betriebsräumen wirkungsvoll vor den Belastungen durch Hitze geschützt werden können.
Betriebsräte unterliegen hier immer noch dem Missverständnis, dass der Schutz vor unzuträglichen Arbeitsbedingungen durch eine erhebliche Wärmebelastung vom Gesetz in diesem Fall der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gewährleistet wird. Dies ist nicht der Fall, wie nachfolgend aufgezeigt wird. Ein wirksamer Schutz der Beschäftigten gegen Hitze wird ausschließlich durch Regelungen in einer Betriebsvereinbarung gewährleistet, die Maßnahmen zur Wärmeentlastung festlegt.
Betriebsvereinbarung ist notwendig
Ohne den Abschluss einer Betriebsvereinbarung existieren keinerlei verbindliche Regelungen, die die Arbeitgeberseite verpflichten würden, bei einer auftretenden Wärmebelastung Entlastungsmaßnahmen im Betrieb zu treffen. Die maßgebliche Vorschrift in § 3a ArbStättV ist lediglich eine Rahmenvorschrift, die dem Arbeitgeber keine konkreten Verpflichtungen auferlegt. Die hierzu einschlägige Technische Regel ist die ASR A 3.5. Die ASR als Technische Regelung ist kein zwingendes Recht.
- Die ASR A 3.5 ist lediglich eine Mindestregelung und daher nicht verbindlich. Sie kann also auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung verbessert werden.
- Erst durch eine Übernahme in eine Betriebsvereinbarung kann die ASR A 3.5 dem Arbeitgeber eine verbindliche Verpflichtung auferlegen, denn nach dieser Vorschrift gelten Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Regelungen zur Wärmeentlastung gehören zu einer menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 2 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Das Gesetz führt ausdrücklich aus, dass die menschengerechte Gestaltung eine Maßnahme des Arbeitsschutzes ist. Aus diesem Grund unterliegt eine derartige Maßnahme dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Die Rahmenvorschrift, die dann durch die Mitbestimmung des Betriebsrats konkretisiert werden muss, ist § 3a ArbStättV.
Umsetzen gegen Willen des Arbeitgebers
Lehnt der Arbeitgeber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ab oder ist er nicht einverstanden mit vorgeschlagenen Regelungen, führt letztlich kein Weg an der Einigungsstelle vorbei. Wie das Verfahren vor der Einigungsstelle eingeleitet werden kann, ist bei den Experten von br-spezial zu erfahren. Anruf genügt!
Gestaltungsanforderungen
Besondere Gestaltungsanforderungen an eine Betriebsvereinbarung »Wärmeentlastung« ergeben sich, weil:
- Belastungen durch Hitze nicht planbar/vorhersehbar sind
- das Instrument der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG kein taugliches Instrument ist, der Belastung durch Hitze zu begegnen
- der Belastung durch Hitze durch die in der ASR A 3.5 geregelten Auslösekriterien für erforderliche Maßnahmen unmittelbar begegnet werden kann
- die in der Betriebsvereinbarung geregelten Maßnahmen durch die Wirksamkeitskontrolle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG stets verbessert werden können
Auslösekriterien und erforderliche Maßnahmen
Die ASR A 3.5 enthält neben generellen Hinweisen, wie grundsätzlich übermäßiger Sonneneinstrahlung begegnet werden kann, ein dreistufiges Auslösesystem, das im Rahmen der ASR A 3.5 jeweils mit Maßnahmen belegt ist.
Die erste Auslösestufe tritt ein bei Außenlufttemperaturen über plus 26 Grad Celsius (29 °C) sowie beim Überschreiten einer Lufttemperatur im Raum von plus 26 Grad. Hier werden Maßnahmen wie folgt ergriffen:
- Effektive Steuerung des Sonnenschutzes (z. B. Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen halten)
- Effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. Nachtauskühlung)
- Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z. B. elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben)
- Lüftung in den frühen Morgenstunden
- Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
- Lockerung der Bekleidungsregelungen
- Bereitstellung geeigneter Getränke (z. B. Trinkwasser)
In der zweiten Stufe bei über 30 °C ist lediglich geregelt, dass wirksame Maßnahmen nach einer Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden, die die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. In der zweiten Stufe sind in jedem Fall Kühlzonen im Betrieb einzurichten, beispielsweise in den Pausen- oder in sonstigen Aufenthaltsräumen.
Die dritte Stufe bei einer Überschreitung der Lufttemperatur im Raum von plus 35 °C. Hier ist im Wesentlichen geregelt, dass ohne technische und organisatorische Maßnahmen, die zu einer wesentlichen Wärmeentlastung beitragen, der Raum nicht als Arbeitsraum geeignet ist, das heißt, es darf dort nicht gearbeitet werden. Die im Rahmen der ASR A 3.5 bezeichneten Maßnahmen stellen lediglich die unterste Stufe von Entwärmungsmöglichkeiten dar und schließen wirksamere Maßnahmen nicht aus.
Während die Frage der Auswahl der Thermometer in Betriebsvereinbarungsregelungen keine allzu große Bedeutung hat, müssen in jedem Fall die jeweiligen Messpunkte im Betrieb festgelegt werden. Weiterhin muss organisiert werden, wer für die Vornahme der Messungen zuständig ist. Für den Fall, dass Beschäftigte auch unterhalb der Schwelle der niedrigsten Auslösestufe (26 °C) über Wärmebelastung klagen, ist auf der Grundlage der Tabelle 2 der ASR A 3.6 die Luftfeuchtigkeit zu messen und weiterhin nach Tabelle 1 dieser technischen Regel die CO²-Konzentration der Raumluft.
Verbindlich und rechtssicher
Um Beschäftigte wirksam gegen Hitze am Arbeitsplatz zu schützen, ist aktives Betriebsratshandeln gefragt. Denn: Die maßgeblichen Rechtsnormen erlegen dem Arbeitgeber keine konkreten Verpflichtungen auf und die anzuwendenden gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse sind keine Rechtsnormen. Erst durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung erhalten sie Rechtsnormcharakter und sind für den Arbeitgeber bindend. Aus diesem Grund kann nur eine Betriebsvereinbarung die notwendige Verbindlichkeit und Rechtssicherheit für Maßnahmen zur Wärmeentlastung herstellen.
[1] Vgl. grundlegend: BAG 8.6.2004, AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz
Tipp für die Temperaturmessung:
Die ASR gibt genau vor, wie die Raumtemperatur zu messen ist. Die Temperatur muss mit einem strahlungsgeschützten Thermometer gemessen werden, damit das Resultat nicht durch die direkte Sonneneinstrahlung beeinflusst wird. Bei sitzenden Tätigkeiten soll die Temperatur in Höhe von 60 Zentimetern, und bei stehenden Tätigkeit in einer Höhe von 1,1 Metern über dem Boden gemessen werden. Liegt der Arbeitsplatz im Freien, so ist die Temperatur im Schatten zu messen. Die Außenlufttemperatur sollte etwa 4 Meter von der Gebäudeaußenwand entfernt und in einer Höhe von 2 Metern gemessen werden.
Welche Konsequenzen drohen Arbeitgebern, wenn sie die Arbeitsstättenregeln nicht beachten?
Vergleichbar mit einem Gesetz sind die ASR nicht. Falls es jedoch zu einem Zwischenfall im Betrieb käme, müsste ein Arbeitgeber nachweisen, dass er seine Mitarbeiter vergleichbar gut geschützt hat, wie in den ASR beschrieben wird. Wenn sich Arbeitgeber an die darin enthaltenen Vorgaben und Empfehlungen halten, sind sie auf der sicheren Seite. Kann dem Arbeitgeber nachgewiesen werden, dass er Gesundheit oder Leben wiederholt oder vorsätzlich gefährdet hat, dann droht ihm eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (§26 ArbSchG).
Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Hitzefrei?
Selbst bei hochsommerlichen Temperaturen haben Arbeitnehmer – anders als Schüler – keinen Anspruch auf Hitzefrei. Sie dürfen auch nicht einfach die Arbeit niederlegen, wenn es zu heiß wird. Das gilt selbst dann, wenn die Raumtemperatur auf mehr als 35 Grad Celsius steigt. Schließlich können Chefs ihre Mitarbeiter beispielsweise auch in ein kühleres Büro setzen – sofern es eins gibt.
Mal abgesehen davon: Schwitzende Mitarbeiter sind unkonzentriert und arbeiten weniger produktiv. Gute Chefs drücken daher bei großer Hitze auch mal ein Auge zu und lassen ihre Angestellten ein bisschen früher Feierabend machen – auch ohne Recht auf Hitzefrei.
Wenn die Temperaturen unerträglich werden, können Arbeitgeber auch anordnen, dass die Mitarbeiter kürzer arbeiten und dafür zum Beispiel Überstunden abbauen. Betriebe aus dem Dachdecker-Handwerk haben außerdem die Möglichkeit ein von der Branche durch Umlage finanziertes Ausfallgeld zu beantragen, wenn aufgrund der Hitze nicht mehr gearbeitet werden kann.