Dies setzt eine hinreichend sichere Einschätzung des Betriebsrats über die bis zum Ende der Amtszeit noch anfallenden Betriebsratsaufgaben voraus. Ist er nicht imstande, dies zu beurteilen, kann er jedenfalls die Teilnahme eines erstmalig in den Betriebsrat gewählten Betriebsratsmitglieds als erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG ansehen. Das wird in aller Regel so sein! Wie kann ein Betriebsrat künftiges Arbeitgeberhandeln prognostizieren, von dem dieser möglicherweise selbst noch nichts weiß? Das Ergebnis ist klar und eindeutig: Der Betriebsrat kann ohne besondere Begründung Grundlagenseminare für seine Mitglieder für das gesamte Jahr 2017 einplanen, beschließen und durchführen! Die Erforderlichkeit ist gegeben. »Würde Jogi Löw aufs Training verzichten, wenn es die Mannschaft bis ins Finale geschafft hat?« Ähnliches gilt bei befristet Beschäftigten Ebenfalls können befristet beschäftigte Betriebsratsmitglieder vor dem gleichen Problem stehen, wenn das Arbeitsverhältnis bald nach der Schulung beendet werden soll. Auch hier wenden die Arbeitgeber ein, dass der Seminarbesuch mit Blick auf das absehbare Ende des Arbeitsverhältnisses nicht erforderlich sei. So in einem BAG-Fall aus 2010, wo ein befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitsverhältnis bereits sechs Wochen nach dem Seminar beendet werden sollte, an einem Seminar teilnahm. Die Interessenlage ist mit den Grundsätzen der Entscheidung aus 2008 gut vergleichbar: In beiden Fällen tritt das Problem auf, dass dem Betriebsratsmitglied nur noch begrenzte Zeit zur Verfügung steht, die erworbenen Kenntnisse zu nutzen. Das BAG führt hierzu aus: Der Betriebsrat konnte nicht davon ausgehen, dass das Mitglied »die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Grundkenntnisse nicht mehr würde einsetzen können«.6 Die Gerichte lieben doppelte Verneinungen, wenn es wichtig wird. Was heißt das im Klartext? Betriebsratsgremien sind weder das Orakel von Delphi, noch haben sie eine Glaskugel, mit der sie in die Zukunft schauen können, um zu erkennen, mit welchen beteiligungspflichtigen Angelegenheiten der Arbeitgeber auf sie zukommen wird. Grundlagenwissen ist demnach immer erforderlich! Die BAG-Entscheidungen aus 2008 und 2010 lassen sich auch anwenden auf die Fallvarianten Rücktritt (nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 BetrVG)7 und Übergangsmandat des Betriebsrats (nach § 21a BetrVG). Hier kann nichts anderes gelten, denn die Amtsgeschäfte führt der Betriebsrat, zwar zeitlich verkürzt, so doch vollumfänglich, weiter.
- 4.BAG 7.5.2008 - 7 AZR 90/07. Das LAG Hessen bestätigt und ergänzt mit seinem Urteil vom 4.11. 2013-16 TaBVGa 179/13.
- 5.i7.ii- 2010 - 7 ABR 113/09 Rdnr 38.
- 6.DKKW-Wedde, 15. Auflage, § 37 BetrVG, Rdnr 135.
- 7.Beim Restmandat nach § 21 b BetrVG wird dies eingeschränkt gelten, da es sich um kein Vollmandat handelt. Es gibt keine Patentlösung; hier müssen die Besonderheiten des Einzelfalls geprüft werden.
- 8.Hier unmissverständlich Fitting § 37 Rdnr 137.
Nachrücker nicht vergessen Und nicht vergessen: Was ist mit Kolleginnen und Kollegen, die bis zum Ende der Amtsperiode endgültig nachgerückt sind? Ihre Schulungswilligkeit zu prüfen wäre doch ein solider Eignungstest für eine künftige Betriebsrats-Kandidatur! Es gehört zu den Amtspflichten des Betriebsrats, sich das für seine Arbeit nötige Wissen anzueignen.8 Beschluss penibel fassen Ein letzter möglicher Einwand der Arbeitgeber lautet oft, dass der Betriebsratsbeschluss nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Deshalb ist penibel darauf zu achten, dass bei der Beschlussfassung keine Fehler passieren. Der Betriebsrat muss den Arbeitgeber nach § 37 Abs. 6 Satz 4 BetrVG rechtzeitig über seinen Beschluss zur Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds und die zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung informieren. Mehrere Kommentare sind sich einig: Zwei bis drei Wochen vor Veranstaltungsbeginn reichen aus." Schulung dann, wenn Schulungsbedarf Solange der Betriebsrat für die verbleibende Amtsperiode oder bis zum Ende eines befristeten Arbeitsvertrags eines Betriebsratsmitglieds einen Schulungsbedarf sieht, besteht auch das Recht, Seminare zu besuchen. Die Arbeitgeber dürfen jetzt nicht mehr mit dem Argument mauern, es wären nur noch ein paar Monate oder Wochen bis zur Neuwahl. Oder: Es sei ja gar nicht sicher, ob der lernwillige Kollege wiedergewählt würde. Der Arbeitgeber kann so den Schulungsanspruch nicht mehr vereiteln. Das Gleiche gilt ganz analog für den Rücktritt und das Übergangsmandat des Betriebsrats.
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